Fachbereich Informatik der TU Berlin ist strukturell und personell irreversibel kaputt
Erklärung zur kommenden Sitzungsperiode des Fachbereichsrates
Informatik (Protokollnotiz der stud. Vertreter/innen,
Protokoll der Fachbereichsratssitzung vom am 28. April 1999):
Der Fachbereichsrat ist - wie auch alle anderen
universitären Gremien - weder eine demokratisch gewählte Vertretung
aller Mitglieder des Fachbereichs noch eine paritätische
Interessenvertretung aller Statusgruppen. Vielmehr ist er ein
Machtinstrument zur Durchsetzung professoraler Interessen. Bisher
wurde diese Tatsache ein Stück weit dadurch verdeckt, daß die
Professorenschaft keine homogene Masse ist, sondern auch in der
Professorenschaft unterschiedliche Ansichten bestehen. Bisher
existierte im Fachbereichsrat Informatik eine Liste von der
Reformfraktion nahestehenden Professoren, die in vielen Punkten,
insbesondere in denen der Gestaltung der Lehre, vernünftige Ansichten
vertraten. Dieses Jahr ist diese Liste aus für uns nicht
nachvollziehbaren Gründen nicht zur Wahl angetreten. Dies führt dazu,
daß die Professoren an unserem Fachbereich, die der rechten
Mehrheitsfraktion an der TU oder deren Umfeld zuzurechnen sind, die
absolute Mehrheit im Fachbereichsrat besitzen und zukünftig im
Alleingang entscheiden können, was an diesem Fachbereich passiert.
Zwar sind auch diese Professoren keine homogene Masse, jedoch hat alle
Erfahrung gezeigt, daß trotz teilweise unterschiedlicher
Interessenlage von keinem dieser Professoren Impulse für eine
fortschrittliche oder studierendenfreundliche Politik ausgehen. Diese
neunzehn Professoren bzw. deren sieben gewählte Vertreter im
Fachbereichsrat können unter sich Entscheidungen auskungeln, die
Einfluß auf das Studium und zum Teil weit darüber hinaus auf das ganze
Leben von über 2500 Studierenden sowie auf die Arbeitsbedingungen der
Wissenschaftlichen und Sonstigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
haben. Wir bedauern dies und befürchten hier noch schlimmere
Entwicklungen als die, die in der Vergangenheit schon stattgefunden
haben. Was ist jetzt unsere Rolle, die Rolle der studentischen
Vertreter und Vertreterinnen? Einige haben uns gegenüber die Hoffnung
geäußert, daß wir die teilweise unterschiedlichen Interessen der
Professoren für unsere Zwecke instrumentalisieren können. Andere haben
die Vorstellung, daß in diesem Fachbereichsrat nach objektiven
Kriterien und ausschließlich sachorientiert die beste Entscheidung
getroffen wird. Beides halten wir für eine sehr naive Vorstellung. Zum
einen unterscheiden sich die Interessen der verbliebenen, politisch
aktiven Professoren nicht so sehr, daß hier ernsthafte Differenzen zu
erwarten sind, und selbst wenn dies so wäre, bliebe uns nur die Wahl
zwischen Pest und Cholera. Zum anderen ist es eine Illusion, zu
glauben, daß Mitglieder eines jeden Gremiums frei von Interessen, frei
von politischen Grundvorstellungen und nicht beeinflußt von der
sozialen Lage, in der sie sich befinden, objektive Entscheidungen
treffen können und wollen. Unsere Rolle in diesem Fachbereichsrat kann
insoweit weder die der studentischen Interessenvertretung noch die der
fortschrittlichen, politisch linken Kraft, sondern nur die des
Feigenblattes sein. Unsere Teilnahme soll verschleiern , daß die
Studierenden an diesem Fachbereich überhaupt keine Möglichkeit haben,
Entscheidungen die sie ganz persönlich betreffen, mitzugestalten. Wir
lehnen diese Rolle als Feigenblatt ab. Wir haben auf die
Entscheidungen, die in diesem Fachbereichsrat getroffen werden,
keinerlei 'legale' Einflußmöglichkeiten. Alle Entscheidungen, die in
diesem Fachbereichsrat getroffen werden, werden nicht einmal
ansatzweise von Studierenden getroffen, sondern werden von anderen
über Studierende gefällt. Dieser Fachbereichsrat mit seinen rechten,
autoritären und studierendenfeindlichen Entscheidungen wird nicht der
unsere sein! Dieser Prodekan wird nicht der unsere sein! Und auch
dieser Dekan wird nicht der unsere sein! Wir werden die uns zugedachte
Alibirolle nicht spielen und werden an den Sitzungen des
Fachbereichsrates ausschließlich dann teilnehmen, wenn uns dies einen
konkreten Nutzen bringt. Wir rufen daher alle Studierenden, die sich
politisch an der Mitgestaltung ihres Studiums und des Fachbereichs
beteiligen wollen, dazu auf, dies außerhalb der Fachbereichsgremien zu
tun und sich bezüglich des Fachbereichsrates keinerlei Illusionen
hinzugeben.
Josef Willenborg,
7.5.1999